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So übersetzt die Bundesregierung die CSRD in deutsches Recht

So übersetzt die Bundesregierung die CSRD in deutsches Recht

Was Unternehmen jetzt über die Nachhaltigkeitsberichterstattung wissen müssen

Erfahren Sie in unserem Artikel:

  • Was bedeutet die CSRD-Umsetzung und ab wann gilt sie für wen?
  • Wie hoch schätzen Expert:innen die Kosten, die auf die Wirtschaft zukommen?
  • Welche Chancen die ESG-Berichtserstattung für eine nachhaltige Geschäftsstrategie bietet?

Eigentlich ist es eine Formalie im Zusammenspiel der politischen Institutionen der EU und der Nationalstaaten: Sobald eine EU-Richtlinie in Kraft tritt, bleiben den Mitgliedsstaaten in der Regel 18 bis 24 Monate Zeit, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Meistens geschieht dies weitgehend unbemerkt und ohne größere Diskussionen. Anders ist das bei der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung: Sie ist europaweit am 5. Januar 2023 in Kraft getreten und musste bis zum 6. Juli 2024 in deutsches Recht überführt werden. Und im Entstehungsprozess des deutschen CSRD-Umsetzungsgesetzes wurde um jeden Paragrafen heftig gerungen. Allein mehr als 80 Unternehmens- und Branchenverbände haben umfangreiche Stellungnahmen zum Entwurf des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) eingereicht.

Sie fürchteten noch mehr Bürokratie, Verwaltungsaufwand sowie Kosten – und forderten praxistaugliche Regeln. Bundesjustizminister Marco Buschmann hielt dagegen, dass sein Haus die EU-Richtlinie 1:1 umsetzen werde. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. „Die Belastungen aus EU-Recht dürfen keinesfalls durch nationalen Regulierungsehrgeiz noch gesteigert werden“, sagte er. Nur so hätten deutsche Unternehmen die gleichen Wettbewerbsbedingungen wie alle anderen Unternehmen in Europa.  

Was bedeutet die CSRD-Umsetzung nun konkret für Unternehmen?

Die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird etappenweise eingeführt. Bis 2028 wird der Kreis stetig erweitert, so dass mehr und mehr Unternehmen zusammen mit ihrem Jahresabschluss darüber berichten müssen, wie sich ihr Geschäft auf Umwelt und Gesellschaft auswirkt. Außerdem müssen sie über Abhängigkeiten von natürlichen Ressourcen informieren sowie über mögliche Auswirkungen des Klimawandels – etwa Hitze, Starkregen, Dürren und Co. – auf ihre Geschäftsmodelle. Ähnlich wie bei einem Jahresbericht müssen auch die Nachhaltigkeitsberichte vor ihrer Veröffentlichung von Wirtschaftsprüfern testiert werden.

  • Für das Geschäftsjahr 2024 sind zunächst nur große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter:innen berichtspflichtig.
  • Für das Geschäftsjahr 2025 wird der Kreis auch um nicht-kapitalmarktorientierte große Unternehmen erweitert, die mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen: mehr als 250 Mitarbeiter, mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz, mehr als 25 Millionen Euro Bilanzsumme.
  • Für das Geschäftsjahr 2026 gilt die Berichtspflicht für alle börsennotierten KMU sowie kleine Kreditinstitute.
  • Und für das Geschäftsjahr 2028 müssen schließlich auch alle Unternehmen aus Drittländern mit einem Nettoumsatz in der EU von mehr als 150 Millionen Euro und mindestens einem Tochterunternehmen oder einer Zweigniederlassung in der EU über ihre Nachhaltigkeit berichten.

Das BMJ schätzt, dass letztlich rund 13.000 deutsche Unternehmen von dem Gesetz betroffen sein werden. Zwar nimmt es viele kleinere und mittlere Unternehmen damit zunächst von der direkten Berichtspflicht aus. „Über den adressierten Anwendungsberich hinaus“, seien mittelbar aber auch viele KMU betroffen, warnt die deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK).

Der Beratungsbedarf ist ungebrochen hoch

Peter Rumpel ist einer von drei Nachhaltigkeitsberatern der Deutschen Leasing, spricht fast täglich mit Unternehmen und beobachtet dort zwei unterschiedliche Ansätze: „Es gibt einige, die intrinsisch motiviert sind und schon eine ganz ausführliche Nachhaltigkeitsberichterstattung machen“, sagt er. „Und es gibt sehr viele Unternehmen – auch solche, die im nächsten Jahr berichtspflichtig werden –, die bei dem Thema noch ganz am Anfang stehen.“ Rumpel und seine Kolleginnen helfen beim Einstieg: Wo und wie können Unternehmen anfangen über Nachhaltigkeit zu berichten? Wie übersetzen sie ihr Geschäft in Zahlen und Daten zu ESG-Kriterien und wie leiten sie eine Strategie daraus ab?

Das ist mit Aufwand verbunden, doch die Beratung werde nachgefragt und der Bedarf nach Informationen und Hilfestellung zu ESG sei groß. „Auch weil seit dem 1. Januar 2024 die Novelle der Mindestanforderungen im Risikomanagement MA-Risk gilt, nach der Banken und Leasinggesellschaften im risikorelevanten Geschäft ESG-Kriterien bei ihren Kunden abfragen müssen.“ Ein Nachhaltigkeitsbericht könne also nicht nur helfen, regulatorische Anforderungen zu erfüllen, sondern werde auch zum Hilfsmittel in Kreditverhandlungen.

Peter Rumpel, Nachhaltigkeitsberater bei der Deutschen Leasing

„Es gibt einige, die intrinsisch motiviert sind und schon eine ganz ausführliche Nachhaltigkeitsberichterstattung machen. Und es gibt sehr viele Unternehmen – auch solche, die im nächsten Jahr berichtspflichtig werden –, die bei dem Thema noch ganz am Anfang stehen.“

Peter Rumpel, Nachhaltigkeitsberater bei der Deutschen Leasing

Hohe Kosten für Personal und Software

Doch es bleibt dabei: Die neuen Regeln verlangen auch Unternehmen mit den besten Absichten eine Menge ab. Einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, die Daten zu erheben und zu strukturieren kostet Zeit und Geld. Für die unmittelbar betroffenen 13.000 großen Unternehmen und Genossenschaften hat das BMJ etwa eine Schätzung abgegeben: 748 Millionen Euro als einmaliger Erfüllungsaufwand werden dort kalkuliert, sowie laufende Kosten von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr.
 
In ihren Stellungnahmen zum Entwurf des CSRD-Umsetzungsgesetzes gehen viele Unternehmens- und Branchenverbände allerdings davon aus, dass es noch teurer wird. „Mit Blick auf bereits ergriffene Maßnahmen in den Unternehmen ist davon auszugehen, dass dieser Betrag noch deutlich unter den tatsächlichen Ausmaßen der administrativen Belastungen durch die Richtlinienumsetzung liegt“, schreibt etwa die Stiftung Familienunternehmen und Politik. Zudem spare „der im Referentenentwurf prognostizierte Erfüllungsaufwand den beachtlichen indirekten Aufwand völlig aus, der durch die mittelbare Betroffenheit von kleinen und mittleren Unternehmen in der Wertschöpfungskette der berichtspflichtigen Unternehmen entsteht“, ergänzt die Bundessteuerberaterkammer. 

Immerhin kommt der Vorschlag des Justizministeriums der Wirtschaft entgegen, indem er die neuen Berichtspflichten mit denen verzahnt, die durch das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz entstehen. So soll vermieden werden, dass Unternehmen zwei inhaltlich sehr ähnliche Berichte nach unterschiedlichen Standards erstellen müssen. 

Nachhaltigkeit verändert Geschäftsmodelle

Ganz darum herumkommen werden Unternehmen aber nicht. „Wichtig ist es, jetzt anzufangen“, sagt Rumpel. Sowohl mit der Erhebung von ESG-Daten als auch mit Projekten und Maßnahmen, die die Nachhaltigkeit steigern. „Und zwar gar nicht so sehr, weil die Regulierung es verlangt, sondern weil es die Wettbewerbsfähigkeit verbessert“. Um zu verdeutlichen, wie schnell sich Rahmenbedingungen ändern können, vergleicht Rumpel die Dekarbonisierung oft mit der Digitalisierung. „Deutschland möchte im Jahr 2045 treibhausgasneutral  sein, also in 21 Jahren. Wenn ich 21 Jahre zurückblicke, sehe ich gewaltige technologische und gesellschaftliche Veränderungen.“ Das meistverkaufte Auto im Jahr 2003 war der VW Golf. Apple hatte gerade den iPod auf den Markt gebracht. Wer einen Film sehen wollte, ging ins Kino oder in die Videothek. Und erst jeder zweite Deutsche hatte überhaupt einen Internetzugang. „Was seitdem passiert ist, hat viele Geschäftsmodelle massiv verändert – oder sogar überflüssig gemacht“, so Rumpel. 

In ihren Beratungsgesprächen thematisieren seine Kolleginnen und er deshalb immer auch, wie sich Klimawandel, Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit auf die Geschäftsentwicklung eines Unternehmens auswirken können. „Die Berichte werden Pflicht. Aber die Strategie auf Nachhaltigkeit auszurichten, ist weit mehr als nur die Kür“, sagt er.

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