
Nachhaltigkeit in der Wirtschaft: Mitten in der Transformation
Ob Schokolade, Kaffee oder Textilien – lange bevor „Nachhaltigkeit“ ein bekannter Begriff war, gab es nachhaltige Produkte zu kaufen. Schon seit fast 50 Jahren bieten beispielsweise die Weltläden „faire“ Waren in Deutschland an. Wer dort einkaufte, unterstützte Handwerker und Bauern in Afrika, Asien oder Lateinamerika. Denn die Idee des fairen Handels war – und ist – den Erzeugern einen marktunabhängigen Mindestpreis zu bieten und sie dafür zu belohnen, dass sie bei der Produktion auf ökologische und soziale Standards achteten.
Die Ideen von damals finden sich heute in der Agenda 2030 wieder, die von der Weltgemeinschaft 2015 verabschiedet wurde. Mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen ist sie der globale Versuch, wirtschaftliches Wachstum, soziale Gerechtigkeit und ökologisches Gleichgewicht miteinander in Einklang zu bringen. Von den drei Zielen ist mit globaler Erwärmung, Extremwetterlagen und politischen Klimazielen mindestens der ökologische Aspekt der Nachhaltigkeit längst im Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit angekommen.
Quelle:
Nachhaltigkeitsziele
Nachhaltigkeit: Kein Nice-to-have sondern Wettbewerbsvorteil
Was das für die Wirtschaft bedeutet, wird zunehmend klar. 2020 kam die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY ¹ in einer Studie zu dem Ergebnis, dass zwei Drittel der Verbraucher mehr bezahlen würden, wenn ein Produkt der Umwelt nachweislich keinen Schaden zufügt. Die Unternehmensberatung McKinsey² fand, dass sogar drei Viertel der Verbraucher beim Einkaufen Wert auf Nachhaltigkeit legen. Und für die Unternehmensberatung Capgemini stand ebenfalls 2021³ fest: Nachhaltigkeit ist kein Nice-to-have mehr, sondern ein ausgewachsener Wettbewerbsvorteil.
Erfolgsfaktor für Unternehmen und Regionen
Tatsächlich machen Experten¹ Nachhaltigkeit zur Bedingung des zukünftigen wirtschaftlichen Erfolges ganzer Weltregionen. Schaffen Europa und Deutschland die schnelle Wende hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft, sei das eine große Chance für die Wettbewerbsfähigkeit, so die Unternehmensberater von Roland Berger. Wichtige Industrien wie Automobilindustrie, Maschinenbau und Energiewirtschaft könnten damit ihre führende Rolle sichern. Viele Top-Manager pflichten dem bei: Laut einer Umfrage von KPMG² halten es 92 Prozent der deutschen CEOs für wichtig, Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie zu integrieren.
Quelle:
Süddeutsche.de¹ https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/roland-berger-nachhaltigkeit-green-deal-1.5358865
KPMG² https://home.kpmg/de/de/home/themen/2021/07/ceo-outlook-2021.html

Große Unternehmen erwarten Nachhaltigkeit von Zulieferern
Abseits von Verbraucherwünschen, prognostizierten Vorteilen und freiwilligen Bemühungen sind mit der Nachhaltigkeit längst konkrete Pflichten¹ für die Unternehmen verbunden. Bereits 2020 erstellten knapp zwei Drittel² der 160 Unternehmen, die in den Börsenindizes DAX 30, MDAX, SDAX und TecDAX gelistet sind, einen eigenen Nachhaltigkeitsbericht nach Umsetzung der CSR-Richtlinie.
Doch selbst kleinere und mittelständische Unternehmen, die zwar selbst nicht dazu verpflichtet sind, aber anderen zuliefern, müssen sich auch mit den CSR Richtlinien auseinandersetzen. Denn immer mehr Unternehmen weiten ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung auf ihre gesamte Wertschöpfungskette aus – Tochtergesellschaften und Lieferanten eingeschlossen.
Quelle:
IHK ¹ https://www.frankfurt-main.ihk.de/csr/csr_und_ihk/
CSR News² https://csr-news.net/news/2020/10/10/zwei-drittel-der-dax-160-unternehmen-erstellen-nachhaltigkeitsbericht/
CSR-Richtlinie
Diese von den EU-Mitgliedstaaten 2014 beschlossene Richtlinie soll zu mehr Transparenz von nachhaltigen Unternehmensaktivitäten führen und wurde 2017 in Deutschland als nationales Recht offiziell umgesetzt. Verpflichtet über Nachhaltigkeitsaspekte zu berichten, sind Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union mit mehr als 500 Mitarbeitern, die im besonderen Interesse der Öffentlichkeit stehen. Die Schwerpunkte liegen unter anderem auf Anti-Korruptions-Aspekte sowie der Einhaltung von Menschenrechten und der Kontrolle der Auswirkungen auf Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange in der Lieferkette. Dadurch werden auch viele produzierende mittelständische Unternehmen indirekt von der Berichtspflicht berührt, die oft mit den Wertschöpfungsketten größerer Unternehmen verbunden sind. Auf EU-Ebene wird die Richtlinie aktuell weiter überarbeitet. Hierzu legte die EU-Kommission am 21. April 2021 einen Entwurf vor, der die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen weiter ausweiten soll.
Konsumenten, Unternehmen und Mitarbeiter fordern mehr Nachhaltigkeit
Auch das im Juni 2021 beschlossene Lieferkettengesetz¹ wird mehr Pflichten im Hinblick auf ökologische und soziale Nachhaltigkeitskriterien mit sich bringen und große wie kleine Unternehmen herausfordern. Dennoch haben Konsumenten, Geschäftskunden und Mitarbeiter längst entschieden: In einer Umfrage von infratest dimap² im vergangen Jahr sprachen sich etwa drei Viertel der Befragten für ein Lieferkettengesetz aus.
Zusammengefasst wird klar: Die Unternehmen müssen in naher Zukunft beim Thema Nachhaltigkeit einen Weg zwischen gesetzlichen Pflichten, Erwartungen von Konsumenten – und Mitarbeitern – sowie ihrer eigenen Zukunftsfähigkeit finden.
Quelle:
Ecovis.com¹ https://de.ecovis.com/aktuelles/lieferkettengesetz-worauf-sich-deutsche-unternehmen-ab-2023-einstellen-sollten/
Zeit.de² https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-09/umfrage-lieferkettengesetz-einhaltung-menschenrechte-unternehmen-cdu-peter-altmaier
Quelle Bühnenbild: Unsplash