Finanzierung von internationalen Geschäften: „Von der Idee der Investition bis zu ihrer Realisierung“
Herr Hansjürgens, die Deutsche Leasing begleitet den deutschen Mittelstand seit über 25 Jahren auf internationale Märkte. Wie blicken Sie im Jahr 2 der Pandemie auf die nähere Zukunft?
Wir befinden uns in einer Phase des Neustarts, also bereits weit jenseits des Bodens der V-Form, die den konjunkturellen Verlauf während der Krise beschreibt. Viele unserer Kunden, mit denen ich regelmäßig persönlich im Kontakt stehe, rechnen mit einer schnellen Erholung, manche sprechen von einem regelrechten Boom. Ein großes Learning dieser Zeit war – auch für mich selbst – das digitale Arbeiten und Zusammenarbeiten. Als Finanzdienstleister setzen wir auf einen engen Kontakt zu unseren Kunden und Partnern und haben jetzt festgestellt, dass das auch digital sehr gut funktioniert, auch bei größeren Transaktionen. Dieser Digitalisierungsschub, der über die Kommunikation hinaus auch an vielen anderen Stellen stattgefunden hat, ist ein positiver Effekt der Krise, den wir weiter nutzen werden.
Als Teil der Sparkassen-Finanzgruppe unterstützen Sie nicht nur eigene Kunden, sondern auch Kunden der Sparkassen bei ihren Auslandsengagements. Welche Beratungsleistungen bieten Sie den Unternehmen an?
Wir beraten grundsätzlich rund um die Finanzierung eines Wirtschaftsgutes und sind dabei sehr breit aufgestellt mit Leasing, Kredit, Projektfinanzierung, Factoring, ECA-gedeckter Exportfinanzierung und Versicherungen für die Investitionsobjekte.
Gerade bei Auslandsengagements schätzen unsere Kunden die Beratung bei der Integration von Fördermitteln bei Leasing- und Kreditfinanzierungen. Mit dem German Desk 360° begleiten wir die Investition von der Idee bis zu ihrer Realisierung.
Die German Desks sind in unseren Auslandsgesellschaften angesiedelt und unterstützen unsere, aber auch Kunden der Sparkassen, mit landeskundigen und deutschsprachigen Experten. Sie führen damit im Ausland weiter, was der S-Country-Desk, das internationale Netzwerk der Sparkassen-Finanzgruppe, im Inland leistet. Damit haben unsere Kunden Zugang zu umfangreichen Beratungsleistungen bei ihren Auslandsgeschäften bis hin zur Unterstützung bei der Gründung einer Auslandsgesellschaft. Diese Dienstleistung wird kontinuierlich ausgebaut: Für die Sparkassen-Finanzgruppe ist die Begleitung ihrer mittelständischen Firmenkunden ins Ausland ein wichtiges Thema.
Absatzfinanzierung ist für exportorientierte Unternehmen eine gute Möglichkeit, die eigenen Produkte und potenzielle Käufer zusammenzubringen. Worin liegen die Vorteile?
Heute wird kaum eine Maschine mehr ohne Finanzierung verkauft. Selbst bei kleineren Maschinen legen die wenigsten Kunden den Kaufpreis direkt auf den Tisch. Eine Maschine und ein passendes Finanzierungsangebot kommen heute nahezu immer im Paket. Die Absatzfinanzierung spielt damit für die Verkäufer von Investitionsgütern eine strategische Rolle. Ein potenzieller Kunde soll sich gar nicht erst mit dem Gedanken beschäftigen müssen, die Finanzierung der Maschine selbst zu organisieren. Wer als Hersteller die Finanzierung als komfortable Option bietet, hat einen enormen Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen. Der Verkaufsprozess wird dadurch beschleunigt, und was noch hinzukommt: Die Hersteller können so ihre Kunden über den gesamten Lebenszyklus der Maschine begleiten.
Welche neuen Chancen ergeben sich aus diesem dauerhaften Kontakt zu den Kunden?
Über den kontinuierlichen Kontakt, gepaart mit den Möglichkeiten der Digitalisierung, entsteht eine ganz neue strategische Perspektive auf den Kunden. Die Daten, die Maschinen oder Fahrzeuge bei ihrer Nutzung generieren und die digital weiterverarbeitet werden können, lassen neue Geschäftsmodelle wie „Pay-per-use“ zu. Dabei werden nicht mehr die Objekte selbst, sondern nur noch die tatsächliche Nutzung abgerechnet, beispielsweise die einer Maschine in der Produktion. Die Höhe der Leasingrate hängt direkt davon ab, ob viel oder wenig produziert wird. Solche Modelle setzen den dauerhaften Kontakt mit dem Kunden voraus. Wir haben beispielsweise gemeinsam mit Bystronic, einem weltweit führenden Hersteller von Lösungen für die Blechbearbeitung, ein Pay-per-Use-Modell entwickelt.
Wer ins Ausland exportieren will, steht vor komplexen Fragestellungen. Welche sind das üblicherweise, und wie unterstützen Sie die Unternehmen?
Die Exportfinanzierung ist oft komplex und beratungsintensiv. Grundsätzlich richtet sich die Wahl des Finanzierungsinstrumentes nach dem Bedarf des Endabnehmers der Maschine. Auf Seiten des Exporteurs steht jedoch das Risikomanagement im Vordergrund, und dabei spielen Instrumente wie ECA-gedeckten Exportfinanzierung eine Rolle, die auch als Euler-Hermes-Deckung bekannt ist. Hier tritt der deutsche Staat als Garant der Zahlung auf, was das Risiko deutlich senkt. Darüber hinaus müssen bilanzrechtliche Aspekte beachtet werden. Außerdem können auch Fördermittel Teil der Finanzierungslösung sein. Schließlich sind Fragen nach Vertragslaufzeit, Währung und Zinsbindung zu beantworten. All diese Aspekte führen wir in einer individuellen Lösung zusammen, die auf die Anforderungen beider Seiten – des Exporteurs und des Abnehmers – eingeht.
Das klingt nach viel persönlicher Beratung. Gibt es hier schon digitale, standardisierte Lösungen?
Je größer das Geschäft, desto strukturierter und desto beratungsintensiver ist es. Bei kleineren Transaktionen, die früher von den Banken oft nicht umgesetzt wurden, spielten tatsächlich digitale Lösungen eine immer größere Rolle. Ein gutes Beispiel dafür sind die ECA-gedeckten Exportfinanzierungen, die wir über die Frankfurter Spezialbank AKA Ausfuhrkredit-Gesellschaft anbieten. Für diese kleineren Tickets hat die AKA eine digitale Lösung namens SmaTiX entwickelt.
Wir setzen das Tool schon in großem Umfang ein und gehören zu seinen Hauptnutzern. Bei den Losgrößen von 1 bis 10 Millionen Euro sehen wir uns damit klar als Unterstützer des international engagierten deutschen Mittelstands und füllen Angebotslücke des Marktes.
Georg Hansjürgens, Vorstandsmitglied
Während der Corona-Pandemie haben sich Auslandsmärkte sehr unterschiedlich entwickelt. Hat in diesem Zusammenhang die ECA-gedeckte Exportfinanzierung an Bedeutung gewonnen?
Das ist definitiv so. Dieses Instrument ist gerade in der Krise ein gutes Mittel, um das Risiko im Exportgeschäft zu minimieren. Das gilt für traditionell ohnehin starke Märkte wie China, wo wir als Vorreiter für die ECA-gedeckte Exportfinanzierung vor Ort sind. Es ist aber auch ein gutes Instrument, um gut abgesichert neue Märkte zu erschließen, sei es in Afrika, Asien oder Lateinamerika.
Mit den Niederlassungen in der Schweiz und in Österreich deckt die Deutsche Leasing die gesamte DACH-Region ab. Begleiten Sie neben Deutschen auch Österreichische und Schweizer Unternehmen bei ihren Auslandsengagements?
Ja, wir bedienen in der DACH-Region beides: Wir begleiten schon sehr lange deutsche Unternehmen nach Österreich und in die Schweiz, aber auch österreichische und Schweizer Unternehmen in internationale Märkte. In Österreich arbeiten wir dazu mit vier Sparkassen zusammen, die unser internationales Netzwerk für ihre Kunden nutzen. Das an uns vermittelte Geschäft entwickelt sich sehr gut. Seit knapp einem Jahr sind wir aus Wien heraus in der Schweiz aktiv. Auch hier wollen wir perspektivisch mit den dortigen Kantonalbanken zusammenarbeiten.
Das Interview führte Michael Hasenpusch