Große Unterschiede in der Business-Kultur
Die „westlichen Staaten“ gibt es nicht mehr. Es gibt und gab daher auch nie eine einheitliche westliche Business-Kultur. Vielmehr existieren fundamentale Unterschiede in der Art und Weise, wie in Frankfurt am Main oder in Dallas „Deals“ gemacht werden. US-Amerikaner sind in der Regel offene Gesprächspartner, die sich schnell begeistern lassen. „Der sehr freundliche, teils freundschaftlich anmutende Umgang wird von Deutschen jedoch gelegentlich missverstanden. Wenn es ums Geschäft geht, sind Amerikaner in Verhandlungen knallhart“, berichtet Florian Braun, Gebietsleiter Auslandsgeschäft bei der Deutschen Leasing.
Grundsätzlich genießen deutsche Unternehmen aber einen sehr guten Ruf. Empfehlungen spielen in den USA eine viel größere Rolle als in Deutschland. Von daher ist ein gutes Netzwerk ein wichtiger Faktor für einen erfolgreichen Markteintritt.
Deutsche CEOs glauben an den Standort USA
Florian Braun rät Unternehmen aus Deutschland dazu, mit Blick über den Atlantik nicht in Hektik oder gar Panik zu verfallen. Das wären für wirtschaftliche Fragen die schlechtesten Ratgeber. „Besonders deutsche Maschinen und Produkte genießen in den USA weiterhin einen erstklassigen Ruf. Mittelständische Unternehmen zeichnen sich durch erstklassiges Know-how in Nischenmärken aus. Das gilt ganz besonders im Maschinen- oder Anlagenbau. Diese Form der Spezialisierung gibt es nicht in den USA. Das ist ein großer Vorteil für deutsche Unternehmen in den USA“, erklärt Florian Braun.
Auch die jüngst veröffentlichte „28. Annual Global CEO Survey” der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC bestätigt: 28 Prozent der CEOs in Deutschland sehen mindestens die Hälfte ihrer Investitionen im Ausland – weltweit sind es nur 13 Prozent, die außerhalb ihrer jeweiligen Heimatmärkte investieren. Dabei sind die USA weltweit das Lieblings-Investitionsland – in Deutschland sogar mit deutlich größerem Abstand (54 Prozent; Global: 30 Prozent). Auf Platz 2 liegt China (18 Prozent), in das globale CEOs inzwischen deutlich weniger investieren (9 Prozent).
Zugegeben: PwC befragte die rund 4.700 weltweiten CEOs im Endkampf der US-Präsidentschaftswahlen vom 1. Oktober bis 8. November vergangenen Jahres. Gut möglich, dass die Ergebnisse heute, nach dem Amtsantritt Trumps und seiner Zollmaßnahmen, etwas anders aussehen würden.
Die Zollpläne Trumps, die erratische bis wirre Politik der neuen Administration und die scharfen rhetorischen Töne aus Washington sind ernst zu nehmen und wichtige Faktoren für das Risikomanagement deutscher Unternehmen. Doch Florian Braun rät zugleich zum nüchternen Blick auf die Fakten: „Auch die republikanischsten Republikaner brauchen Maschinen und Anlagen für ihre Wirtschaft – und da kommen sie an vielen Produkten aus Deutschland nicht vorbei.“ Gerade in Spezialbereichen der Branche hätte Deutschland einen großen Wettbewerbsvorsprung.
Grundsätzlich bleibt es bei zwei Optionen für Unternehmen, die den Markt USA erschließen wollen: Die Vereinigten Staaten als reinen Absatzmarkt zu nutzen, ist weiter möglich, kostet durch die gestiegenen Zölle aber Margenpunkte, wenn nicht alle Preiserhöhungen an die Kunden in den USA weitergegeben werden können oder sollen.
Zugleich sollten Unternehmen prüfen, ob für sie eine eigene Fertigung oder zumindest die Durchführung des letzten Teils Wertschöpfungskette in den USA infrage kommt. So umgehen die Unternehmen die Zollmauern und profitieren überdies von niedrigen Energiepreisen vor Ort. Nachteil aber: In den USA herrscht faktisch Vollbeschäftigung. Zudem gibt es dort weit weniger gut ausgebildete Arbeitskräfte, die die Spezialmaschinen deutscher Unternehmen zusammenbauen könnten. „Die Mittelstandsfinanzierung über Hausbanken ist in den USA nicht so ausgeprägt wie in Deutschland. Die Banken können die Produkte häufig nicht einschätzen und mit einem deutschen Jahresabschluss wenig anfangen.“