
„Wir sehen einen verstärkten Handlungsdruck – bei gleichzeitig gestiegenen Geschäftschancen“
Kai Ostermann und Andreas Geue im Jahresauftakt-Interview
(Das Interview wurde im Dezember 2021 geführt)

„Wir sehen einen verstärkten Handlungsdruck bei zeitgleich gestiegenen Geschäftschancen, wenn es um die Transformation der Wirtschaft geht. Hier werden und müssen Unternehmen jetzt vermehrt Investitionsentscheidungen planen und treffen, um Themen wie Digitalisierung und Klimaschutz im eigenen Betrieb voranzutreiben.“
Kai Ostermann, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Leasing AG
Herr Ostermann, Herr Geue, trotz der aktuellen Lieferengpässe und der anhaltenden Corona-Pandemie schätzen Experten die Wachstumsaussichten der Wirtschaft positiv ein. Viele Unternehmen halten sich aber mit Investitionen zurück. Wie berechtigt und nachvollziehbar ist diese Zurückhaltung?
Kai Ostermann: Das ist pauschal schwierig zu bewerten. Denn die Situation beispielsweise in einzelnen Sektoren ist sehr unterschiedlich. Während die kontaktintensiven Dienstleistungsbereiche im stärkeren Maße die anhaltende Pandemiesituation spüren, prägen Lieferengpässe eher das Tagesgeschäft von industriellen Unternehmen. Das kann die Unternehmenssteuerung, die Einschätzung der eigenen Produktivität und damit auch mögliche Investitionen beeinflussen. Und sicherlich ist es in Teilen auch eine Frage des Angebots, also der Lieferfähigkeit und Verfügbarkeit der Investitionsgüter.
Gleichzeitig sehen wir, auch beschleunigt durch die Corona-Krise, einen verstärkten Handlungsdruck bei zeitgleich gestiegenen Geschäftschancen, wenn es um die Transformation der Wirtschaft geht. Hier werden und müssen Unternehmen jetzt vermehrt Investitionsentscheidungen planen und treffen, um Themen wie Digitalisierung und Klimaschutz im eigenen Betrieb voranzutreiben. Das fordern Kunden und der internationale Wettbewerb; das forcieren politische Entscheidungsträger und regulatorische Standards. So sprechen die Koalitionsparteien der neuen Bundesregierung auch von einem „Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen“.
Andreas Geue: Das sind Entwicklungen, die auch wir als Asset-Finance-Partner bei den Finanzierungsanfragen unserer Branchen und Kunden immer mehr beobachten können. „EU-Taxonomie“ und „Klimaneutralität 2045“ sind Themen, mit denen sich unsere Partner und Kunden in der strategischen Unternehmensplanung beschäftigen. Da wollen wir nicht nur Sparringspartner sein, sondern auch zu konkreten Vorhaben im Bereich der IT-Modernisierung, Revitalisierung der eigenen Gebäude, nachhaltiger Energieerzeugung oder grundsätzlich der Mobilität im Unternehmen konkrete Angebote machen. Für uns als Asset-Finance-Partner ist das sehr greifbar, was unsere Kompetenzen angeht.
Studien der KfW und der EZB zeigen allerdings, dass die Geldhäuser strenger bei der Vergabe von Firmenkrediten werden. Welche Finanzierungsalternativen können Mittelständler nutzen, um wichtige Investitionen dennoch stemmen zu können?
Kai Ostermann: Dass Vergabestandards von Finanzierungen in herausfordernden Zeiten auf den Prüfstand gelegt werden, ist nicht überraschend. Mit Blick auf die weiterhin niedrigen Zinsen, finden wir aber insgesamt eine immer noch sehr günstige Finanzierungslage vor.
Allerdings sollten sich Unternehmen in einer unsicheren, komplexen und schnelllebigen Zeit bei der Finanzierung ihrer Investitionen oder Vorhaben generell breiter aufstellen, um die eigene finanzielle Resilienz und Flexibilität für kurz- und langfristige Investitionen zu sichern. Das gilt sicherlich auch als Leitplanke für die aktuelle wirtschaftliche Situation. Insofern ist es sinnvoll, alternative Finanzierungsarten zu prüfen. Damit vergrößern Unternehmen ihren eigenen Handlungsspielraum für Zukunftsinvestitionen.

Unternehmen, selbst die, die über hohe Kapitalpolster verfügen, halten sich derzeit mit Investitionen zurück. Gibt es Finanzierungslösungen, die dazu beitragen, liquiditätsschonend zu agieren – und trotzdem die Zukunftsfähigkeit des eigenen Geschäftsmodells aufrechtzuerhalten?
Andreas Geue: Wir sehen eher, dass viele kapitalstarke Unternehmen, die vor der Pandemie ihre Infrastrukturinvestitionen aus dem eigenen Cashflow finanziert haben, zunehmend auf Instrumente der Außenfinanzierung setzten. Dazu gehören Leasing und Asset-Finance. Zusätzlich steigt hier der Bedarf – ähnlich wie bei Ausrüstungsinvestitionen – an weiteren Servicedienstleistungen: zum Beispiel Frühphasenberatung bei der Projektierung und Errichtung von unternehmerischen genutzten Produktionsfaktoren, zum Beispiel im Bereich Corporate Real Estate. Liquiditätsschonende Finanzierungslösungen können bei Leasingvorhaben mit nutzungskonformen längeren Laufzeiten oder mit der Übernahme oder Verteilung von Investitionsrisiken realisiert werden. Letzteres bedingt eine adäquate Asset- und Branchenkompetenz.
Eine weitere Herausforderung: Falls investitionswillige Unternehmen die notwendigen Maschinen, Fahrzeuge und Anlagen angesichts der weltweiten Lieferengpässe überhaupt erhalten, dann oft zu deutlich erhöhten Preisen. Lohnt es sich, auf ein Absinken der Inflation und günstigere Investitionszeitpunkte zu warten?
Kai Ostermann: Vorausschauende Planbarkeit ist in der aktuellen Situation ein hohes Gut. Dort, wo Lieferengpässe anhalten, beobachten wir die besonders preistreibenden Effekte. Wie lange diese Situation noch anhält, ist auch unter Ökonomen unklar. Aktuelle Prognosen gehen zwar davon aus, dass sich die Lieferengpässe und damit einhergehenden Produktionsbehinderungen in den kommenden Monaten langsam auflösen. Allerdings sind Preisrückgänge erst einmal eher nicht zu erwarten und auch die Zinsen dürften voraussichtlich eher steigen.
Wie lange ein Unternehmen mit der Anschaffung neuer Investitionsobjekte warten kann, um möglicherweise die aktuellen Herausforderungen zu umgehen, ist eine unternehmensstrategische Frage. Angesichts des Transformationsdrucks steigt der Bedarf an modernen Assets jedoch enorm. Statt auf Eigenerwerb zu setzen, können Unternehmen über flexiblere Finanzierungslösungen nachdenken. Leasinggesellschaften begleiten mit ihrer Objekt- und Branchenexpertise seit jeher Transformationsprozesse in guten und in herausfordernden Zeiten. Die Deutsche Leasing Gruppe tut dies als erste Leasinggesellschaft in Deutschland seit 60 Jahren.
Andreas Geue: Hinzu kommt: Leasinggesellschaften kennen den Lebenszyklus der Objekte, begleiten das Management und die Wartung, wissen, wann eine Ersatzinvestition notwendig ist und setzen beim Austausch auf die neueste Generation. Die Kunden erhalten somit nicht nur ein Objekt, sondern einen auf den Lebenszyklus und die Situation des Kunden abgestimmten Finanzierungsplan und Service. Wir machen das beispielweise mit unserem Asset Service Center, indem wir unser IT-Equipment zurücknehmen, gerätegebundene Daten zertifiziert löschen und die Hardware recyceln oder weiterverwerten. Mehr Nachhaltigkeit geht nicht in diesem Bereich.

„Wir wollen nicht nur Sparringspartner sein, sondern auch zu konkreten Vorhaben im Bereich der IT-Modernisierung, Revitalisierung der eigenen Gebäude, nachhaltiger Energieerzeugung oder grundsätzlich der Mobilität im Unternehmen konkrete Angebote machen.“
Andreas Geue, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutsche Anlagen-Leasing GmbH & Co. KG
Zu den wichtigen Finanzierungsfeldern gehörten zuletzt in der Tat Digitalisierungsvorhaben. Nun stellt die Politik die Weichen vermehrt auf Nachhaltigkeit. Sollten Unternehmen hier umschwenken und ihre Digitalisierungsanstrengungen zurückfahren – zugunsten von Investitionen in die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsmodelle?
Kai Ostermann: Ein „entweder oder“ stellt sich nicht. Beide Themen müssen Unternehmen bei ihren Investitionsplänen zusammendenken. Wenn Geschäftsmodelle auch in der Zukunft Erfolg haben sollen, müssen sie sowohl digital als auch nachhaltig weiterentwickelt werden. Hier bestehen durchaus Abhängigkeiten. So können digitale Technologien im Bereich der Energiewende nachhaltige Prozesse unterstützen und beschleunigen.
Im Kern geht es also um neue Technologien, die digital und grün sind. Hier sehe ich die Innovationskraft des deutschen Mittelstands besonders gefordert und als wichtigen Treiber. Als Finanzpartner gilt es, den Mittelstand bei diesen Aufgaben zu stärken. Dabei werden Asset-basierte Finanzierungen und Serviceleistungen für Unternehmen eine zentrale Rolle spielen. Dabei wird auch ein ganzheitlicher Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette sowohl beim Thema Digitalisierung als auch Nachhaltigkeit immer wichtiger.
Andreas Geue: Und diesen Blick über den Tellerrand hinaus erleben wir schon jetzt. Unsere Kunden und Partner bei der Erreichung ihrer eigenen Klimaziele zu unterstützen, wird für uns zunehmend an Bedeutung gewinnen. Hierzu gehört die Begleitung von Neuinvestitionen in klimafreundliche Mobilität, erneuerbare Energien oder nachhaltige Immobilien mit hoher Energieeffizienz. Mittelständischen Kunden erwarten Lösungen für neuartige Risiken, die mit der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit in ihrem Geschäftsbetrieb verbunden sind. Hierfür erweitern wir einerseits unser Spektrum an Asset-Service-Dienstleistungen. Andererseits erweitern wir auch unsere Rolle bei der Identifizierung nachhaltiger Investitionsvorhaben, zum Beispiel bei Erneuerbaren Energien, um nicht nur energieintensiven Industrieunternehmen weitere Bezugsoptionen für grünen Strom zu ermöglichen.
Asset Finance Weekly
Heute lesen, was morgen wichtig ist. Jetzt Newsletter abonnieren und wöchentlich Expertenwissen sichern.
Weitere Artikel
Finanzierung anfragen
Sie haben bereits ein Investitionsvorhaben und möchten über die Herausforderungen oder mögliche Finanzierungslösungen für Ihr Anliegen sprechen? Dann senden Sie uns Ihre Nachricht. Wir tauschen uns gerne mit Ihnen aus.
Bildnachweis Bühnenbild: iStock, NicoElNino