
Was tun, bevor die Inflation den Gewinn auffrisst?
Warum Unternehmen nicht nur auf Kosten reagieren, sondern ein strategisches Pricing etablieren sollten
Schnell handeln
Die Situation duldet wenig Aufschub, ansonsten riskieren Unternehmen ihren Jahresgewinn. Wer steigende Kosten nicht weitergibt, landet bei null oder im Minus. „Wir beobachten derzeit, dass der externe Druck steigt, und Unternehmen dementsprechend handeln“, sagt Hans-Christian Riekhof. Er ist Professor für internationales Marketing an der PFH Private Hochschule Göttingen und erforscht seit vielen Jahren, wie Unternehmen zu ihren Preisen kommen. „Sie machen reaktives Pricing, aus der Not heraus. Und das funktioniert momentan, weil der Druck groß genug ist“, sagt er. Selbst bei Konditionen, die mit Kunden über zwölf Monate festgelegt seien, gelinge es vielfach, diese neu zu verhandeln. Aufgrund der aktuellen Stimmung und der Tatsache, dass alle Unternehmen in der gleichen Situation sind, sei es derzeit sogar einfacher, Preiserhöhungen durchzusetzen. Das Problem dabei: „Wer nur seine steigenden Kosten weitergibt, hat noch nichts gewonnen. Eigentlich müsste man versuchen, mehr durchzusetzen, als das was Lieferanten diktieren“, sagt Riekhof.
Vor die Kostenwelle kommen
Eine große Herausforderung für viele Verantwortliche ist dabei: Sie kennen Preissteigerungen in der aktuellen Größenordnung nicht aus der Praxis. Eine vergleichbare Situation gab es in Deutschland bisher nur während der Ölkrisen in den 1970er Jahren. Das Gros der Manager aus dieser Zeit ist heute im Ruhestand. Hinzu kommt, was empirische Studien von Riekhof und der PFH zeigen: Mehr als zwei Drittel der Unternehmen besitzen keine richtige Preissetzungsstrategie. „Manche Unternehmen gehen das Thema Pricing sehr professionell an, viele aber auch vollkommen naiv“, sagt er. Sehr viel besser als nur zu reagieren wäre, die Preise in einem strukturierten Prozess regelmäßig, etwa quartalsweise oder halbjährlich, auf den Prüfstand zu stellen und anzupassen.

Den Preisrahmen setzen
Wer Preiserhöhungen durchsetzen möchte, muss sowohl intern als auch extern gegenüber den Kunden das richtige Framing vornehmen, sprich den richtigen psychologischen Rahmen setzen, rät Pricing-Experte Riekhof. Wenn er Manager dazu berät, macht er mit ihnen eine einfache Übung. Er lässt sie auf einen Zettel schreiben, um welchen Prozentsatz sie ihre Preise anheben möchten. „Danach stelle ich drei, vier weitere Fragen – etwa ob Rohstoffe und Vorprodukte teurer geworden sind, um wie viel Prozent die Frachtraten für Überseecontainer gestiegen sind, und wie die Inflationsrate und der Anstieg der Energiepreise einzuschätzen sind.“ Ergebnis: Die meisten überdenken nach dieser Übung ihre geplante Preiserhöhung. Knapp zwei Drittel setzen sie höher an, als zuvor notiert.
Wer sollte über Preiserhöhungen entscheiden
„Oft ist der Vertrieb derjenige, der eine dominante Rolle spiele“, sagt Riekhoff. Er empfiehlt jedoch, Pricing als horizontalen Prozess zu verstehen, der deutlich mehr Unternehmensbereiche betrifft. „Über die Ressort-Grenzen Produktentwicklung, Marketing, Produktmanagement, Vertrieb, Service, Controlling sollte Konsens darüber herrschen, wo man preisstrategisch hinwill.“ Neben der Kostenkalkulation sollten in die Preisfindung auch Informationen aus Wettbewerbsanalysen, Kundenbefragungen oder Preistests einfließen. Regelmäßig macht Riekhof die Erfahrung, dass Unternehmen zu selten systematisch erforschen, wie viel ein Kunde für ein Produkt zu zahlen bereit wäre. Steht das Pricing, kommt es zudem darauf an, dem Marketing oder Projektmanagement die entsprechenden Argumente mitzugeben, die dem Vertrieb bei der richtigen Argumentation gegenüber Kunden helfen.
Wie Unternehmen ihre Kunden von höheren Preisen überzeugen, lesen Sie auch hier im Asset-Finance-Weekly-Artikel vom 27. Januar.
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