
Vom Zahlenexperten zum Business-Strategen
Warum sich die Rolle von Finanzabteilungen durch Digitalisierung wandelt – und wie CFOs dadurch ihre Position in Unternehmen stärken
1. Warum der Status quo nicht ausreicht
Dass sich wirtschaftliche Rahmenbedingungen sehr schnell ändern und Geschäftsmodelle infrage stellen, zeigen die vergangenen zwei Jahre und auch die Gegenwart mehr als deutlich. Ein betriebliches Finanzwesen kann deshalb nicht mehr nur auf die Performance der Vergangenheit schauen und aus Kennzahlenanalysen Rückschlüsse für die Unternehmenssteuerung ziehen. Die Schmalenbach-Gesellschaft, die als unabhängige Vereinigung den Dialog zwischen betriebswirtschaftlicher Forschung, Lehre und Praxis fördert, stellt die These auf, dass moderne Finanzabteilungen vorhersagen müssten, was als nächstes zu tun sei. Die Instrumente dazu seien vorhanden, etwa in Form von Prognosen, Budgetierung, der Messung von Kennzahlen und der Finanzberichterstattung. Allerdings müsse der Finanzbereich auch seine Perspektive erweitern, etwa auf Aspekte der Nachhaltigkeit. Hier sollte er Prozesse zur Planung, Steuerung und Kontrolle von CO2-Emissionen, Energie- und Wasserverbrauch, Lieferketten und Governance aufbauen.
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2. Wie Finanzabteilungen zum Profiteur der Digitalisierung statt zum Opfer werden
„Die klassische Arbeit von Finanzabteilungen – das Überwachen von Finanzkennzahlen, Zahlungen und anderen Risiken – beruht zu einem großen Teil auf klaren Regeln, die sich einfach standardisieren und kosteneffizient digitalisieren ließen“, sagt Gori von Hirschhausen, Leiter des Finance Consulting Teams von PwC in Europa. In der Studie „The Digital CFO“ beschreibt er zwei Szenarien, die sich daraus ergeben können: Entweder werden CFOs und ihre Bereiche zum Opfer der Digitalisierung. Nämlich dann, wenn sie sich vor allem auf administrative Prozesse konzentrieren, die in den kommenden Jahren von Maschinen übernommen werden. Oder aber, sie setzen diese Maschinen und Software ein und entwickeln analytische Fähigkeiten. Sprich: Sie werten die zur Verfügung stehenden Daten mithilfe von Künstlicher Intelligenz und Big-Data-Anwendungen aus und beantworten damit, wie etwa Produktionskapazitäten angepasst werden sollten oder wie auf veränderte Kundenwünsche reagiert werden kann. Das entspricht auch der Zielsetzung der befragen CFOs. Für 90 Prozent ist es das Wichtigste, durch Digitalisierungsmaßnahmen bessere Entscheidungen treffen zu können. Kostensenkungen stehen erst an zweiter Stelle.

3. Warum Digitalisierungsprojekte (noch) stocken
Viele Unternehmen haben die Pandemie genutzt, um in ihre Digitalisierung zu investieren und Projekte anzustoßen, die etwa über Remote-Arbeit hinausgehen. 67 Prozent der von PwC und WHU befragten CFOs setzen etwa Dashboards ein, um ihre Kennzahlen zu überblicken. Komplexere Anwendungen nutzen allerdings erst Wenige. Ein Drittel arbeitet mit robotergestützter Prozessautomatisierung, zwischen zehn und 20 Prozent haben KI und Chatbots im Einsatz und nur knapp fünf Prozent Blockchain-Technologie. Der häufigste Grund für die Zurückhaltung: Ein Mangel an Know-how und kompetentem Personal. Im Schnitt verfügten nur 3,2 Prozent der Mitarbeiter in den Finanzabteilungen der befragten Unternehmen über spezifische Fähigkeiten in den Bereichen IT, Digitalisierung und Data Science. Zweitwichtigster Faktor sind Zurückhaltung des Personals und Widerstand gegen Veränderungen.
4. Wie neues und vorhandenes Know-how zusammenkommen
Klar ist aber auch: Nicht jeder Mitarbeiter in der Finanzabteilung muss ein IT-Fachmann werden. Im ersten Schritt der Digitalisierung geht es vor allem darum, manuelle Arbeit zu automatisieren und die Verfügbarkeit von Daten zu verbessern. Im zweiten Schritt sollten die Finanzspezialisten damit arbeiten – und zwar mit Anwendungen und Benutzeroberflächen, die auch IT-Laien verstehen. Die Schmalenbach-Gesellschaft spricht von einem digitalen Ökosystem als Ziel, in dem die Mitarbeiter Hypothesen entwickeln und diese gestützt von Daten und verschiedenen Software-Anwendungen überprüfen. Sie legen ihren Fokus also nicht mehr auf das Sammeln und Pflegen von Daten, sondern auf deren Interpretation und Analyse. Dafür brauchen sie mehr denn je ihr Finanzwissen – und die Unterstützung von eigens eingestellten IT-Fachleuten. Ein Drittel der CFOs geht davon aus, die Mitarbeiterzahl zu erhöhen. Etwa 50 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Mitarbeiterzahl gleichbleibt. Nur 20 Prozent erwarten einen Personalabbau, wobei die Studienautoren eine interessante Korrelation hervorheben: Vor allem die Finanzchefs von Großunternehmen gehen davon aus, dass ihr Personalbestand sinken wird – während die CFOs kleiner und mittelgroßer Unternehmen mit mehr Beschäftigten in ihren Finanzbereichen rechnen.
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