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Wenn Daten auf Erfahrung treffen

Künstliche Intelligenz in der Kreditvergabe – wenn Daten auf Erfahrung treffen

Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Finanzwelt. Was vor wenigen Jahren noch nach Zukunftsmusik klang, ist heute fester Bestandteil vieler Analyse- und Entscheidungsprozesse. Auch in der Unternehmensfinanzierung eröffnet die Technologie neue Perspektiven: Kreditentscheidungen können schneller, objektiver und datenbasierter getroffen werden. Doch trotz aller Automatisierung bleibt eine zentrale Frage: Wie viel KI verträgt die Kreditvergabe – und wo bleibt der Mensch unverzichtbar?

Erfahren Sie in unserem Artikel:

  • Wie Unternehmen die perfekte hybride Balance finden können?
  • Wo KI unterstützen kann und welche menschlichen Faktoren nicht zu unterschätzen sind?
  • Welche Daten bei der Kreditvergabe zunehmend eine Rolle spielen?

Von Papierakten zu Datenmodellen

Die klassische Kreditvergabe folgt oft festen Mustern: Bilanzzahlen, Sicherheiten, Kapitaldienstfähigkeit. In der Praxis bedeutet das für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nicht selten aufwendige Prüfverfahren und lange Wartezeiten – in einer Zeit, in der Geschwindigkeit zum Wettbewerbsfaktor geworden ist.

KI-basierte Verfahren versprechen hier Effizienz. Sie analysieren in kurzer Zeit tausende Datenpunkte – von Cashflow-Entwicklungen über Branchenbenchmarks bis hin zu makroökonomischen Faktoren – und schaffen ein aktuelles, dynamisches Unternehmensprofil. So lassen sich Liquiditätsverläufe besser einschätzen, Ausfallrisiken präziser berechnen und Finanzierungsspielräume schneller bewerten.

Doch Daten allein erzählen noch keine Geschichte. Gerade im Mittelstand spielen qualitative Faktoren eine entscheidende Rolle: unternehmerische Erfahrung, Marktposition, Innovationskraft oder regionale Besonderheiten. Diese Aspekte lassen sich nicht vollständig aus Zahlen ableiten – sie brauchen menschliche Interpretation.

Automatisierung mit Augenmaß

Künstliche Intelligenz ersetzt keine Kreditexpert:innen. Sie unterstützt sie – indem sie Routineaufgaben übernimmt, Daten vorstrukturiert und Muster erkennt, die für Menschen kaum sichtbar wären. Das schafft Raum für das, was weiterhin den Unterschied macht: die individuelle Beurteilung komplexer Unternehmenssituationen.

Denn Algorithmen arbeiten nur so gut wie die Daten, mit denen sie gefüttert werden. In vielen mittelständischen Betrieben sind Datenquellen heterogen, ESG-Berichte noch im Aufbau oder Geschäftsmodelle stark von saisonalen und regionalen Faktoren geprägt. Hier sind Erfahrung, Branchenverständnis und der persönliche Dialog zwischen Unternehmen und Finanzierer weiterhin unverzichtbar.

Nachhaltigkeit als Teil des Risiko- und Datenbilds

Parallel zur technologischen Entwicklung verändert sich auch der inhaltliche Maßstab für Kreditentscheidungen. Finanzinstitute müssen heute nicht nur Bonität und Geschäftsmodell bewerten, sondern auch ökologische, soziale und unternehmerische Risiken – kurz: ESG-Risiken

Die BaFin, die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Zentralbank (EZB) fordern, Nachhaltigkeitsrisiken systematisch in Kreditentscheidungen einzubeziehen. Ab 2026 koppelt die EZB sogar die Refinanzierungskosten der Banken an die Klimarisiken ihrer Portfolios. Für Unternehmen heißt das: Eine gute ESG-Performance kann zu günstigeren Finanzierungskonditionen führen, fehlende Transparenz dagegen zu strengeren Auflagen.

Damit rücken auch ESG-Daten in den Fokus der KI-gestützten Kreditbewertung. KI kann helfen, große Datenmengen effizient auszuwerten – etwa Energieverbräuche, Lieferketteninformationen oder Standortfaktoren. Doch die Einordnung dieser Daten bleibt eine Aufgabe, die menschliches Urteilsvermögen erfordert.

Alexander Dürr, Teamleiter Kreditrisikomanagement

Nachhaltigkeit ist kein ethisches Extra. Es zahlt direkt auf die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells ein – und damit auf die Zukunft jedes Unternehmens.

Alexander Dürr, Teamleiter Kreditrisikomanagement bei der Deutschen Leasing AG

Erfahren Sie mehr dazu in Warum Nachhaltigkeitsrisiken über Finanzierung und Zinsen entscheiden

Der Mittelstand zwischen Technologie und Transformation

Für viele mittelständische Betriebe bedeutet das: Sie müssen auf zwei Ebenen gleichzeitig handeln – die digitale Transformation ihrer Prozesse vorantreiben und ihre Nachhaltigkeitsdaten strukturieren. Beides sind Grundlagen für eine zukunftsfähige Finanzierung.

Neue Standards wie der VSME-Standard der EU helfen dabei, ESG-Daten systematisch zu erfassen, auch wenn keine gesetzliche Berichtspflicht besteht. Unternehmen, die Transparenz schaffen, profitieren gleich doppelt: Sie verbessern nicht nur ihr Nachhaltigkeitsscore, sondern auch die Qualität ihrer Finanzkommunikation. Beides wirkt sich positiv auf Rating, Zinsen und Investorenvertrauen aus.

Fazit: Die Zukunft ist hybrid

Die Zukunft der Kreditvergabe wird nicht rein digital und auch nicht rein menschlich sein – sie liegt im Zusammenspiel beider Welten. KI kann Risiken schneller erkennen, Prozesse beschleunigen und Entscheidungen objektivieren. Doch gerade im Mittelstand bleiben Erfahrung, Nähe und Verständnis zentrale Erfolgsfaktoren.

Wer beides verbindet – Datenkompetenz und unternehmerische Verantwortung –, verschafft sich einen entscheidenden Vorsprung: bei Kreditkonditionen, bei der Resilienz des Geschäftsmodells und beim Vertrauen seiner Finanzierungspartner. Die Zukunft der Finanzierung liegt nicht in der Frage Mensch oder Maschine – sondern darin, wie beide gemeinsam den Wandel gestalten.

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