
Warum Nachhaltigkeitsrisiken über Finanzierung und Zinsen entscheiden
Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg. Banken und Investoren prüfen heute ganz genau, wie Unternehmen mit ökologischen, sozialen und unternehmerischen Risiken umgehen. Für die Betriebe bedeutet das: Wer seine Hausaufgaben nicht macht, muss mit schlechteren Finanzierungskonditionen rechnen − oder bleibt ganz ohne Kredit. Wer dagegen klug investiert und transparent berichtet, sichert sich bessere Konditionen und Wettbewerbsvorteile. Auch wenn die CSRD-Berichtspflichten für manche Unternehmen verschoben oder ausgesetzt wurden: Zurücklehnen dürfen sich Unternehmen nicht. Finanzinstitute werden von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), der Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und über den Climate Factor der Europäischen Zentralbank (EZB) angehalten, Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Finanzierungsentscheidungen einzubeziehen. Und dafür brauchen sie Daten und Informationen. Welche Bedeutung das gerade für den Mittelstand hat, erklären unsere Expert:nnen Simone Lönnendunk und Alexander Dürr – sie sagen, worauf Finanzierer künftig achten und wie Unternehmen sich darauf vorbereiten sollten.
Erfahren Sie in unserem Artikel:
- Ab 2026 koppelt die Europäische Zentralbank (EZB) Kreditzinsen an ESG-Risiken. Für Unternehmen heißt das: Schon kleine Schritte wie LED-Beleuchtung, Jobfahrrad oder effizientere Maschinen verbessern das Scoring – wer zögert oder nichts tut, riskiert schlechtere Konditionen.
- Trotz Omnibus-Erleichterungen müssen auch kleine und mittelgroße Unternehmen ESG-Daten liefern. Der neue, schlanke VSME-Standard bietet dabei Orientierung. Unternehmen, die Transparenz zeigen, verbessern nicht nur ihre Kreditkonditionen, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit.
- Finanzierer koppeln Kredite und Ratings zunehmend an ESG-Daten. Ohne klare Nachhaltigkeitsstrategie wird die Kapitalbeschaffung zur Hürde. Der Nachhaltigkeitsbericht wird zum Türöffner in Finanzierungsfragen – unabhängig von der formellen CSRD-Pflicht.
- Die ESG-Prüfung bedeutet auch die Prüfung auf die zukünftige Tragfähigkeit des Geschäftsmodells unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien
Der Green Deal der EU gibt die Richtung vor: Europa soll bis 2050 klimaneutral sein, Deutschland sogar schon bis 2045. Mit der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) müssen Unternehmen ihre ökologischen, sozialen und gesellschaftlichen Aktivitäten offenlegen; die EU-Taxonomie definiert, was als „grün“ gilt. Das Ziel: Kapital soll gezielt in unternehmerische Aktivitäten fließen, die mit den langfristigen Klimazielen der EU vereinbar sind. Für Finanzinstitute bedeutet das: Sie müssen Nachhaltigkeitsrisiken künftig genauso konsequent prüfen wie die Bonität und das Geschäftsmodell. „Nachhaltigkeit ist kein ethisches Extra, sondern gem. MaRisk gesetzliche Pflicht“, betont Alexander Dürr, Teamleiter Kreditrisikomanagement bei der Deutschen Leasing AG.
Keine Entwarnung trotz Erleichterungen
Zwar hat die EU mit dem sogenannten Omnibus-Verfahren kleine und mittlere Unternehmen von einigen Berichtspflichten vorerst entlastet. Doch für Finanzierer ändert sich nichts. „Wir müssen ESG-Risiken prüfen – unabhängig davon, ob ein Kunde aktuell berichtspflichtig ist oder nicht“, sagt Simone Lönnendunk, Nachhaltigkeitsberaterin bei der Deutschen Leasing AG. Aufseher wie die Bafin verlangen dies ausdrücklich, und ab 2026 koppelt die Europäische Zentralbank (EZB) über den Climate Factor die Refinanzierungskosten der Banken direkt an die Klimarisiken ihres Portfolios. Kurzum: Je besser die ESG-Performance der Kreditnehmer, desto günstiger das Geld für die Banken und ihre Kunden.
Was Geldinstitute, Banken und Investoren prüfen müssen
Demzufolge stellen Banken, Investoren und Aufsichtsbehörden ökologische, soziale und unternehmerische Risiken – kurz ESG für Environmental, Social, Governance – zunehmend ins Zentrum ihrer Entscheidungen. „ESG-Risiken sind künftig integraler Bestandteil jeder Risikoprüfung“, sagt Alexander Dürr. Im Fokus stehen vor allem Standortrisiken − die Flutkatastrophe im Ahrtal zeigte, wie schnell ganze Betriebe lahmlegt werden können. Dürr: „Solche physischen Risiken können unmittelbar über die Zukunft eines Unternehmens entscheiden.“ Neben dem Standort spielen auch Branchenrisiken, Emissionswerte, Energieverbrauch und soziale Faktoren wie Mitarbeiterbindung eine Rolle. Simone Lönnendunk ergänzt: „Für uns ist wichtig, dass Unternehmen den Transformationspfad Schritt für Schritt gehen – und nicht, dass sie sofort ein ISO-Zertifikat vorweisen müssen.“
Die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) der Bundesanstalt für Finanzleistungsaufsicht (Bafin), sowie die VSME Standards der Europäischen Kommission weisen auf die ESG-Prüfungspflicht hin, machen jedoch keine eindeutigen Vorgaben. Daher unterscheidet die Deutsche Leasing AG aktuell zwischen kleineren und größeren Finanzierungen:
Unter fünf Millionen Euro reicht in der Regel eine Branchenbewertung sowie die Analyse der physischen Standortrisiken, bei größeren Engagements prüft die Deutsche Leasing AG wie wahrscheinlich auch andere Banken und Geldinstitute (prüfen Banken und Geldinstitute) die ESG-Risiken detaillierter, so Dürr. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine starre gesetzliche Schwelle, sondern um eine bankpraktische Daumenregel. Entscheidend ist die Risikorelevanz. Während nicht risikorelevante Finanzierungen über den Branchenscore abgedeckt werden, nehmen Banken und Geldinstitute bei risikorelevanten Fällen eine abgestufte Prüfung vor. Auch neue Gebäudekonzepte ohne klassische Haustechnik, die lange Zeit als schwer zu bewerten galten, fließen nun zunehmend in die ESG-Scorings ein. Die Deutsche Leasing AG setzt auf ein eigenes Scoring-Modell, das ESG-Aspekte systematisch erfasst und bei dem schon kleine Schritte positiv wirken: Etwa von der LED-Beleuchtung über effizientere Maschinen bis hin zum Jobfahrrad oder zur Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
VSME − ein freiwilliger Standard für kleine und mittelgroße Unternehmen
Viele Mittelständler fragen sich, wie sie die Vielzahl an Anforderungen stemmen sollen. Hier verweist Lönnendunk auf den neuen VSME-Standard der EU: VSME steht für Voluntary Sustainability Reporting Standard for Non-Listed Small and Medium-Sized Enterprises. Damit sind kleine und mittlere Unternehmen gemeint, die nicht an der Börse notiert sind. Der von der EU-Kommission entwickelte Standard ist freiwillig, strukturiert Daten, erleichtert die Vergleichbarkeit und deckt die wichtigsten Fragen von Banken, Geldinstituten und Investoren ab. „Erste Kundenberichte zeigen, dass er in der Praxis sehr hilfreich sein kann“, sagt Simone Lönnendunk. Und fügt hinzu: „Wer sich am VSME orientiert, bereitet sich auf das vor, was künftig zum Standard wird.“

„Unternehmen sollten vorbereitet sein – auch wenn sie noch nicht offiziell berichtspflichtig sind. Viele Maßnahmen sind längst vorhanden, sie müssen nur gebündelt und unter ESG-Gesichtspunkten dokumentiert werden.“
Simone Lönnendunk, Nachhaltigkeitsberaterin der Deutschen Leasing AG
ESG und der Mittelstand: Pflicht oder Kür?
Gerade für den Mittelstand sind die neuen ESG-Regeln ein Balanceakt. Viele Familienunternehmen oder inhabergeführte Betriebe verfügen nicht über eigene Nachhaltigkeitsabteilungen, gleichzeitig wächst der Druck von Kapitalgebern, Kunden und der Politik. „Das Omnibus-Verfahren verschafft den Unternehmen zwar etwas Zeit, entbindet sie aber nicht von der Aufgabe, ESG-Kriterien im Blick zu haben“, sagt Simone Lönnendunk. Oft hapert es an der Datenlage: Während Konzerne Nachhaltigkeitsberichte nach internationalen Standards veröffentlichen, fehlen bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen häufig belastbare Zahlen zu Energie, CO2-Bilanzen oder sozialen Faktoren. Genau hier setzen Geldinstitute und Banken an. „Wir werden künftig mehr Fragen stellen“, kündigt Alexander Dürr an. „Unternehmen sollten vorbereitet sein – auch wenn sie noch nicht offiziell berichtspflichtig sind.“ Lönnendunk rät zu einem pragmatischen Vorgehen: „Viele Maßnahmen sind längst vorhanden, sie müssen nur gebündelt und unter ESG-Gesichtspunkten dokumentiert werden.“
Praxisbeispiel Bäckereikette
Wie ESG in der Praxis funktioniert, zeigt das Beispiel einer Bäckereikette, die mit Unterstützung der Deutschen Leasing ihre Transformation startete. Sie installierte nicht nur Photovoltaikanlagen und effizientere Öfen, sondern nutzte deren Abwärme zur Beheizung der Filialen. Gleichzeitig optimierte sie Logistikwege, reduzierte den Dieselverbrauch der Flotte und schulte die Belegschaft aktiv in Sachen Nachhaltigkeit. Zusätzlich unterstützt das Unternehmen soziale Organisationen mit Lebensmitteln. „Dieses Beispiel verdeutlicht, dass ökologische, ökonomische und soziale Aspekte zusammen gedacht werden können“, sagt Lönnendunk. „Und dass es nicht immer die große Investition sein muss – viele kleine Schritte bringen ebenfalls Wirkung.“
Herausforderungen und Chancen
Die neuen Regeln sind für viele Unternehmen eine Herausforderung – mehr Dokumentation, mehr Daten, mehr Nachweise. Aber sie bergen auch Chancen. Denn wer ESG-Aspekte ernst nimmt, sichert nicht nur die Finanzierungen, sondern auch seine Zukunftsfähigkeit. Unternehmen sollten deshalb frühzeitig und proaktiv ihren Status quo prüfen: Welche Daten liegen schon vor? Welche Maßnahmen sind umgesetzt? Wo gibt es Lücken? Vieles, etwa Arbeits- und Gesundheitsschutz oder Weiterbildung, existiert längst – es muss nur unter ESG-Gesichtspunkten gebündelt werden. Eigene Klimarisikoanalysen zahlen sich aus. Wer Risiken identifiziert und Anpassungsmaßnahmen dokumentiert, verbessert nicht nur seine unternehmerische Resilienz, sondern erhält auch bessere Finanzierungskonditionen. Fehlende Daten oder unzureichende Analysen können dagegen zu strengeren Auflagen führen.

Nachhaltigkeit ist kein ethisches Extra. Es zahlt direkt auf die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells ein – und damit auf die Zukunft jedes Unternehmens.
Alexander Dürr, Teamleiter Kreditrisikomanagement bei der Deutschen Leasing AG
Fazit: ESG als Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg
Noch gibt es keine festen Regeln, wie sich ESG-Scores auf Zinsen auswirken. Aber die Richtung ist klar: Schlechte Werte führen zu höheren Risiken und damit möglicherweise zu strengeren Auflagen oder Zusatzsicherheiten. Gute Werte dagegen erhöhen die Chancen auf bessere Konditionen. „Ein besserer ESG-Score wird auf keinen Fall einen Nachteil nach sich ziehen“, stellt Alexander Dürr klar.
Unternehmen, die ESG-Kriterien ignorieren, riskieren nicht nur ihre Finanzierung, sondern ihre Wettbewerbsfähigkeit. Nachhaltigkeit wird zum Muss – für Banken, Investoren und die Wirtschaft gleichermaßen. „Wir verstehen uns als Transformationsbegleiter“, sagt Simone Lönnendunk. „Wir wollen die Kunden bei ihrem Weg unterstützen, die Herausforderungen verstehen und gemeinsam Lösungen finden.“ Oder wie Alexander Dürr es formuliert: „Nachhaltigkeit zahlt direkt auf die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells ein – und damit auf die Zukunft jedes Unternehmens.“
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