Kundennähe trotz Abstand: Mittelstandsfinanzierung in Zeiten von Corona
Herr Weis, Sie sind im täglichen Austausch mit mittelständischen Unternehmen verschiedener Branchen. Wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt?
Insgesamt als große Herausforderung, der wir uns mit vereinten Kräften bestmöglich gestellt haben. Denn auch wir als Deutsche Leasing mussten mit der neuen Situation umgehen lernen, um ohne Verzögerungen für unsere Kunden da sein zu können. Wir haben in Höchstgeschwindigkeit die Voraussetzungen für einen Remote-Arbeitsalltag geschaffen. Und unsere Kunden telefonisch wie virtuell aus der Ferne eng begleitet – sowohl im Vertrieb als auch im Back-Office. Nun können wir in der Phase der Lockerungen auch wieder erste persönliche Kundentermine führen, unter Einhaltung der gebotenen Abstands- und Hygieneregeln.
Was waren für Ihre Kunden die größten Herausforderungen?
Ganz klar, die Sicherung der Liquidität. Für viele Unternehmen war diese Aufgabe insbesondere zu Beginn der Krise extrem wichtig. Hier haben wir schnell reagiert – etwa durch die Vermittlung des KfW-Sonderprogramms, das unseren mittelständischen Kunden eine Möglichkeit bot, kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken und Leasingraten bedienen zu können. Das hat vielen Unternehmen in ihrer akuten Notlage geholfen. Zudem gab es erhebliche Unsicherheiten bezüglich geplanter Zukunftsinvestitionen. Auch sie durften nicht aus dem Blick geraten. Eine solche weltweite Ausnahmesituation erfordert nicht das Prinzip Gießkanne, sondern individuelle, maßgeschneiderte Lösungen. Zumal einzelne Branchen und Unternehmen sehr unterschiedlich betroffen sind. Zu den „Corona-Gewinnern“ zählen etwa die Lebensmittel- oder Pharmabranche. Auch die Baubranche zeigt sich dank laufender Aufträge bisher resistent. Dem gegenüber stehen Unternehmen aus dem Messe- oder Veranstaltungsbereich, die es unerwartet besonders hart getroffen hat. Für die Automobilbranche und den Maschinenbausektor war die Lage bereits vor Corona nicht einfach.
Aktuell erleben wir eine spürbare Belebung bei den Themen Sale-and-lease-back und Factoring. Solche alternativen Finanzierungsinstrumente sorgen für Flexibilität – nicht nur in Krisenzeiten – und schonen das Eigenkapital.
Die Folgen der Corona-Pandemie haben den Blick auf das Thema Finanzierungen für den Mittelstand verändert. Welche Instrumente sind aktuell besonders gefragt?
Aktuell erleben wir eine spürbare Belebung bei den Themen Sale-and-lease-back und Factoring. Solche alternativen Finanzierungsinstrumente sorgen für Flexibilität – nicht nur in Krisenzeiten – und schonen das Eigenkapital. Dies könnte für Unternehmen gerade auch in der zweiten Jahreshälfte finanzielle Spielräume schaffen, wenn nach Meinung von Experten (1) durch eine nur langsame Wiederbelebung der Wirtschaft anhaltende weitere Eigenkapitalrückgänge zu verzeichnen sind. Es lohnt sich daher den eigenen Finanzierungsmix regelmäßig zu überprüfen. Nehmen wir das Beispiel Factoring Finanzierung: Der Verkauf der Forderungen kann nicht nur liquiditätsstärkend wirken, sondern enthält auch eine wichtige Service-Komponente, indem Factoring die Sicherheit für Kunden erhöht und konkret vor Ausfällen schützt.
Beobachten Sie aktuell bei Kunden Investitionsverschiebungen?
Einschneidende Veränderungen wie der Lockdown und die Unsicherheiten der neuen Normalität beeinflussen natürlich auch Zukunftsinvestitionen. Die Experten des ifo Instituts gehen beispielsweise davon aus, dass die Unternehmensinvestitionen sich zwar allmählich erholen, die voraussichtliche Wiederbelebung aber zeitversetzt erfolgen wird. Auch wir sehen Verschiebungen bei der Mittelstandsfinanzierung (2). Beispiele für solche vorerst zurückgestellten Großinvestitionen sind Software-Projekte. Dabei spielten natürlich auch die Überlegung eine Rolle, dass gerade in der „Remote-Phase“ eine funktionierende IT essentiell ist. Anders war die Situation beim Thema Hardware. Hier mussten Unternehmen ihre Mitarbeiter schnell mit Laptops ausstatten, damit sie von zu Hause arbeiten konnten. Auch Bereiche wie Infrastruktur und Versorgung sind weitergelaufen – haben sogar teilweise noch einen Impuls erhalten. Aktuell beobachten wir, dass Investitionen in IT, Zukunftsfähigkeit und Digitalisierung wieder erheblich an Dynamik gewinnen. Das zeigt, dass Krisen bestehende Trends beschleunigen können – auch, um für die Zukunft besser aufgestellt zu sein.
Wie geht es nach der Phase der Remote-Arbeit weiter? Sehen Sie einen gestiegenen Bedarf an digitalen Beratungen und Services?
Ein hoher Bedarf an digitalen Beratungsangeboten besteht nicht erst seit Corona. Wir haben unseren Fokus schon zuvor auf die Digitalisierung von Produkten, Prozessen und Serviceangeboten gelegt. Die Krise und der jetzige Praxistest haben uns darin bestätigt, dass wir mit dieser Ausrichtung richtig unterwegs sind. So konnten wir gewährleisten, dass wir auch dann in engem Austausch mit unseren Kunden bleiben, wenn ein Großteil unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einige Zeit von zu Hause arbeiten muss.
Zudem haben wir uns die Frage gestellt: Was brauchen unsere Kunden jetzt – und wie können wir ihnen konkret helfen? Um das zu erfahren, haben wir nicht gewartet, sondern in sogenannten Care-Calls aktiv den Dialog gesucht. So erhielten wir ein genaueres Bild, wie stark das jeweilige Unternehmen von der Pandemie betroffen ist und mit welchen Finanzierungslösungen und Services wir konkret unterstützen können – zum Beispiel durch liquiditätsunterstützende Maßnahmen wie Sale-and-lease-back und Full-Service Factoring. Der Fokus dieser Gespräche hat sich nun im Lauf der Zeit gewandelt: Zu Beginn standen die individuelle Betroffenheit und Sorgen der Unternehmen durch Corona im Mittelpunkt, nun geht es in den Beratungen verstärkt darum, gemeinsam auch wieder nach vorne zu schauen. Und dank der aktuellen Lockerungen, geht das zusätzlich zu Telefon und Display nun auch wieder vor Ort. Darüber freuen wir uns. Denn eines zeigt die Krise auch ganz deutlich: Der persönliche Kontakt bleibt wichtig.
Quellennachweis:
(1) Aktuelle DIHK-Umfrage: https://www.dihk.de/resource/blob/25362/c249646ded82e2c53dfa093c350117ab/blitzumfrage-corona-nr-4-data.pdf
(2) Mittelstandsfinanzierung: https://www.ifo.de/sites/default/files/docbase/docs/sd-2020-sonderausgabe-juli-wollmershaeuser-etal-konjunkturprognose-sommer-2020.pdf
Bildnachweis:
Bühnenbild: © iStock - fiskes