Nebel umhüllt den großen Platz zwischen den Produktions- und Bürogebäuden. Aus einem Lautsprecher schallt „Hells Bells“ von AC/DC. Über hundert Menschen haben sich an diesem Frühlingsabend hinter den rot-weißen Absperrbändern versammelt, um einer feierlichen Taufe beizuwohnen. Gebannt starren sie ins Grau, die Spannung scheint ebenso greifbar wie der Dunst. Dann lichten sich die Schwaden und der Blick ist frei auf den außergewöhnlichen Täufling – 89 Meter lang und über 100 Tonnen schwer: G² | K 600.
Den Brüdern Andreas und Rainer Kahl ist ihr Stolz an diesem Abend deutlich anzusehen. G² | K 600 ist das neue Schmuckstück im Fuhrpark ihres Unternehmens, der Kahl Schwerlast GmbH: eine weltweit einzigartige Scherenhubbrücke. „Der Name hat eine einfache Bedeutung“, erklärt Andreas Kahl. „Der erste Teil steht für die Gleichung ‚Goldhofer + Greiner = Kompetenz zum Quadrat‘ und ‚K 600‘ für die Firma Kahl und die maximale Nutzlast der Brücke von 600 Tonnen.“ Die Goldhofer AG und die Greiner GmbH haben das einzigartige Seitenträgerbrückenkonzept in Zusammenarbeit mit der Kahl Schwerlast GmbH entwickelt. Über drei Jahre intensive Konzeptions- und Planungsarbeit enden an diesem Abend mit der feierlichen Übergabe an das Schwerlast-Logistikunternehmen Kahl.
Trotz der beeindruckenden Maße von fast 90 Metern Länge und einer Spannweite von mehr als 52 Metern: Wer neben dem roten Stahlkoloss steht, kann sich dennoch nicht vorstellen, dass er in der Lage ist, 600 Tonnen Last – das Äquivalent von zwei A380-Jumbojets – zu transportieren. „Dieses Projekt sucht in der Schwerlastlogistikbranche wirklich seinesgleichen“ verdeutlicht Stefan Fuchs, Vorstandsvorsitzender von Goldhofer, in seiner Taufrede. „Dank des Baukastensystems kann die Ladung auf unterschiedliche Weise aufgenommen, platziert und die Brückenkonstruktion somit ganz vielfältig eingesetzt werden.“
Marode Straßen gefährdenWettbewerbsfähigkeit
Neu- und einzigartig ist zudem die optimale Achslastverteilung von weniger als 12 Tonnen, die es erlaubt, auch extrem schwere Güter – wie Generatoren, Transformatoren, Motoren oder Turbinen – über Straßen und Brücken zu transportieren. Denn: Aufgrund des schlechten Zustands geben die deutschen Behörden heute viele Straßen und Brücken nicht mehr für Schwerlasttransporte frei. Logistikunternehmen müssen darum oft erhebliche Umwege in Kauf nehmen; die Kosten für die Hersteller steigen ins Unermessliche. „Manche Güter, wie beispielsweise ein 400 Tonnen schwerer Walzenständer, werden in Deutschland deshalb gar nicht mehr produziert“, so Andreas Kahl.
Für den Unternehmer aus Moers war klar: Der über Jahrzehnte angefallene Investitionsstau ins deutsche Straßennetz ist kurzfristig nicht zu lösen – eine kreative Lösung zur buchstäblichen „Überbrückung“ war gefragt. Schließlich lebt der deutsche Maschinenbau zu 75 Prozent vom Export. Seine Investition betrachtet Andreas Kahl als „kleinen Beitrag für den Erhalt des Industriestandortes Deutschland im Maschinen- und Anlagenbau“.
Eine besondere Finanzierungslösung für ein besonderes Asset
Um ein derartiges Projekt zu stemmen, war auch eine solide Finanzierung gefragt. Die Sparkasse Duisburg erarbeitete gemeinsam mit ihrem Verbundpartner Deutsche Leasing ein passendes Konzept. „Das ist kein 08/15-Investitionsobjekt. Ebenso wenig gab es eine 08/15-Finanzierungslösung“, meint Gebietsleiter Jörg Nelles von der Deutschen Leasing. Gemeinsam mit Michael Jungermann, Abteilungsdirektor von der Sparkasse Duisburg steht er an der Hinterachse des Fahrzeugs und stößt auf das erfolgreiche Projekt an. „Mittelständische Unternehmer wie Andreas Kahl bei ihren Investitionen in die Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu unterstützen, entspricht dem Selbstverständnis von Sparkassen und Deutscher Leasing.“
Dabei war die Weltneuheit G² | K 600 durchaus eine Herausforderung für die Asset-Experten der Deutschen Leasing. Den Wert und die Wertentwicklung des einzigartigen Gefährts einzuschätzen und in die Finanzierung einzubeziehen, erforderte besonderes Know-how. Schließlich konnten die Partner ihrem Kunden Kahl eine passgenaue Finanzierung inklusive integrierter Fördermittel präsentieren.
Der Sekt prickelt in den Gläsern, es ist ein milder Frühlingsabend, beste Bedingungen für den feierlichen Anlass. Und als die Gäste schließlich den Hof verlassen, ist vielen von ihnen bewusst: Der Täufling G² | K 600 ist vermutlich erst der Erste einer ganz neuen Generation von Schwerlasttransportlösungen.