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Für alle Fälle Freddy

Für alle Fälle Freddy

Bei Fragen hilft den Kunden der Berliner Sparkasse seit Neuestem der KI-gestützte Service-Fuchs Freddy weiter. Manfred Wiesinger, Bereichsleiter Medialer Vertrieb, und Projektleiterin Daniela Gommert über Ihre ersten Erfahrungen mit dem schlauen Chatbot.

Daniela Gommert und Manfred Wiesinger

spectrum: Die Berliner Sparkasse ist für ihre Kunden 24 Stunden täglich auf vielfältige Weise erreichbar und bietet auf der Webseite einen umfangreichen Self-Service-Bereich. Welche Lücke schließt der Chatbot "Service-Fuchs Freddy"?

Manfred Wiesinger: Wir haben festgestellt, dass Kunden uns wegen relativ einfacher Fragen per Telefon kontaktieren, deren Antworten eigentlich im Servicebereich vorliegen. Daraus haben wir gelernt, dass es vielen Kunden offenbar noch nicht einfach genug ist, die Antworten auf einer strukturierten Webseite zu fnden. Freddy bietet hier einen wesentlich leichteren Zugang.
Natürlich hat sein Einsatz auch einen wirtschaftlichen Hintergrund. Wir haben in den vergangenen Monaten den Telefon- und Live-Chat-Service – auch über WhatsApp – massiv ausgebaut. Die Nutzung dieser Kanäle nimmt immer mehr zu, und Freddy ist eine wesentlich weniger personalintensive Ergänzung.

spectrum: Freddy ist erst seit Januar 2018 online. Wie sieht das erste Feedback der Kunden auf den schlauen Fuchs aus?

Daniela Gommert: Freddy ist von Anfang an gut angenommen worden. In der Anfangsphase haben wir ihn auf der Webseite noch etwas versteckt gehalten, aber mit immer besserem Training nach und nach immer prominenter präsentiert. Das Feedback ist in jedem Fall sehr positiv – wenn Antworten gefunden wurden und auch wenn Fragen unbeantwortet blieben. Denn dann erklären uns die Kunden per Kommentarfunktion ihre eigentlichen Anliegen und helfen uns, Freddy weiter zu trainieren.

Chatbot Freddy

spectrum: Welche Fragen konnte Freddy bisher nicht beantworten? Wie lösen Sie das Problem?

Gommert: Im Moment sind das vor allem Fragen zu Buchungen auf ihren Konten, die Kunden nicht nachvollziehen können und zu denen sie mehr Informationen haben wollen. Freddy kann natürlich nicht den Hintergrund jeder Buchung individuell kommentieren, diese Daten stehen ihm nicht zur Verfügung. Er hilft aber mit allgemeinen Hinweisen weiter, wie ein Kunde beispielsweise eine Lastschrift zurückgeben kann oder was bei einer falschen Überweisung zu tun ist.

spectrum: Freddy nutzt Multiple-Choice-Kataloge, um Fragen zu beantworten. Warum können die Kunden ihre Fragen nicht frei formulieren?

Gommert: Bei den ersten Gedanken an einen Chatbot waren wir auch von einer Freitexteingabe ausgegangen. Allerdings fnden Kunden ihre Antworten wesentlich schneller, wenn sie von Freddy per Lesen und Klicken durch einen Katalog mit Fragen und Antworten geführt werden. Dazu brauchen sie im Durchschnitt nur zwischen 14 und 20 Sekunden. Allein das Tippen einer Frage würde wesentlich länger dauern.

spectrum: Inwiefern ist hier Künstliche Intelligenz im Spiel? Wann und wie lernt Freddy dazu?

Gommert: Grundsätzlich basiert Freddys Fragen-und-Antworten-Katalog auf Erfahrungen, die wir in den anderen Servicekanälen gemacht haben. Allerdings lernt die KI, welche Fragen besonders häufg gestellt werden, priorisiert sie neu und verändert die Position in der Liste. Genauso verfährt die KI auch bei den Antworten und lernt, welches die wahrscheinlichste Lösung für ein Problem ist.
Ein einfaches Beispiel: Meldet ein Kunde Probleme im Online-Banking, würde Freddy darauf hinweisen, dass diese Funktion möglicherweise für den Kunden gerade gesperrt ist, und zeigen, wie man sich wieder entsperren kann – weil dies in vorangegangenen Fällen meist die korrekte Lösung des Problems darstellte. Diese Dynamik ist der offensichtliche Einfluss der KI. Daneben gibt es noch einige Algorithmen, die die Administratoren des Bots bei der Pflege des Angebots unterstützen.

spectrum: Haben Sie Freddy einfach auf die Kunden losgelassen, oder durfte er sich zuerst in einer Testumgebung bewähren?

Gommert: Ganz am Anfang, nach der Programmierung der ersten Version von Freddy, haben wir ihn 30 Testnutzern zur Verfügung gestellt, die uns ihre Erfahrungen mitgeteilt haben. Daraufhin haben wir letzte Änderungen vorgenommen und Freddy „live“ geschaltet. Seitdem optimieren wir im laufenden Betrieb, werden dies aber durch einen weiteren, regulären Test ergänzen.

spectrum: Wie lange hat es von der Idee zum Live-Fuchs gedauert, und welchen Anteil hatte daran die Anlernphase des Bots?

Gommert: Begonnen haben wir mit dem Projekt im April 2017, wobei am Anfang eher rechtliche Themen wie Datenschutz und Datensicherheit im Vordergrund standen. Risiken bestehen dabei aber keine. Über die Nutzer selbst werden keine personenbezogenen Daten ermittelt, und Freddy läuft aus Sicherheitsgründen auf externen Servern. Das Training selbst hat nur etwa vier Wochen gedauert, inklusive Test und Abnahme durch unsere 30 Testnutzer

Zitat

spectrum: Das ist relativ schnell, oder?

Wiesinger: Ja, das ist richtig. Wir haben es hier eben nicht mit einer systemrelevanten Anwendung innerhalb unserer IT zu tun, die mit unserem innersten Systemkern verbunden ist, sondern mit einem Angebot, das von extern angedockt wurde. Das hat es uns ermöglicht, an das Projekt mit dem „Mut zur Lücke“ heranzugehen. Etwas fachlicher gesprochen, ist Freddy ein klassisches MVP, ein Minimum Viable Product. Im ersten Schritt verfügt er nur über die wichtigsten Funktionalitäten, die gemeinsam mit Kunden und Partnern weiterentwickelt und optimiert werden. Das ist manchmal besser, als Wochen oder Monate in die Perfektionierung einer Lösung zu stecken, die dann vielleicht zu spät auf den Markt kommt. Bei Freddy hat sich das jedenfalls sehr bewährt.

spectrum: Wer ist bei der Berliner Sparkasse für die Entwicklung von Freddy zuständig?

Wiesinger: Unser „Birds Nest“-Team, das Innovationslabor der Berliner Sparkasse, das so heißt, weil es in einem Bereich ganz oben im Haus untergebracht ist, der von allen Mitarbeitern Vogelnest genannt wird. Dort arbeiten vier Kolleginnen und Kollegen, die ein Budget haben, das außerhalb der Planungsprozesse im Haus verfügbar ist. So wollen wir schnell auf neue Ideen und Anforderungen reagieren können. Unterstützt wird das „Birds Nest“-Team von unseren „25ern“, ausgewählte Mitarbeiter des Hauses, die 25 Prozent ihrer Arbeitszeit dafür aufwenden dürfen. Diese Kollegen bauen die Brücken, wenn es um Fragen zu Recht, Compliance, IT-Sicherheit oder Personal geht.

spectrum: Warum ist der Chatbot bei der Berliner Sparkasse zu Freddy, dem männlichen Fuchs, geworden?

Gommert: Zunächst stand die Frage im Raum, ob der Bot ganz neutral als Tool präsentiert oder mit einer Identität ausgestattet werden soll. Als wir uns für die Identität entschieden hatten, haben wir einen Wettbewerb am mediencollege.Berlin, einer Berufsfachschule für Grafkdesign, veranstaltet. Dabei ist der Fuchs als Figur entstanden. Der Name war dann schnell gefunden, denn der Bot des Berliner Start-ups Solvemate, auf dem Freddy beruht, hieß in seiner fast zweijährigen Betaphase „fred knows“.


Die Fragen stellte Michael Hasenpusch, Redaktionsteam